Maschinen zur Boden- und Pflanzenbearbeitung und für die Ernte sind sehr komplex und leistungsfähig. Mechanik und Elektronik/Sensorik unterscheiden sich deutlich vom Automotivebereich. Gleichzeitig sind die Preise um Größenordnungen höher und die Stückzahlen deutlich geringer, sodass das Synergiepotenzial überschaubar ist.
Assistenzsysteme wie im Automotivebereich ermöglichen teilautonome Funktionen und dienen damit der Fahrerentlastung. Spurhalteassistenten gestatten eine hochpräzise Fahrt entlang der nicht immer gerade verlaufenden Pflanzenreihen auch im hügeligen Gelände. Dies wird erreicht durch komplexe Sensorik und zentimetergenaue Georeferenzierung. Der Maschinenführer kann sich auf die optimale Steuerung des Arbeitsprozesses (zum Beispiel Aussaat, Bearbeitung oder Ernte) konzentrieren.
Ein weiterer aktueller Trend ist die Echtzeitkooperation verteilt agierender Landmaschinen. Da bei heutigen Landmaschinen große Erntemengen in kurzer Zeit anfallen, ist die eigentliche Erntemaschine von einem Schwarm an Transportfahrzeugen umgeben, die entweder kontinuierlich befüllt werden (Überladeverfahren) oder in regelmäßigen Abständen das Erntegut aus dem Bunker der Erntemaschine übernehmen. Anwendungsorientierte Forschungsprojekte zum Beispiel das BMWi-Projekt marion[i] [ii], das BMBF-Projekt iGreen[iii] und der von der Volkswagenstiftung geförderte Forschungsschwerpunkt KOMOBAR[iv] haben anhand von beispielhaften Prototypen Potenzial für weitere Effizienzsteigerungen aufgezeigt.
Im Fahrzeugbereich der Landmaschinen werden Synergien durch Plattformeinsatz aus dem Automotivebereich genutzt. So wird zum Beispiel der CAN-Bus, der zum Anschluss von Sensorik und Aktorik dient, für das verteilte Management verschiedener Steuergeräte mit agrarspezifischen Funktionen genutzt.
Auch bei Traktoren, die vor allem in der Vegetationsperiode vor der Ernte (Phase 1) im Einsatz sind, findet ein Plattformisierungsprozess statt. Sie werden als universelle Arbeitsplattform eingesetzt, die durch Anbaugeräte (Sämaschinen, Düngerstreuer) oder gezogene Landmaschinen (Kartoffelroder, Maishäcksler) für eine bestimmte Aufgabe konfiguriert. Die Steuerung durch die Fahrer der Traktoren erfolgt über Bediengeräte, die vom Hersteller des angebauten oder gezogenen Geräts geliefert werden. Da nicht alle Geräte von den gleichen Herstellern stammen, sah man bis vor einigen Jahren viele Traktoren, in deren Cockpit mehrere Bediengeräte unterschiedlicher Hersteller montiert waren.
Dieses Bediengerätdilemma hat sich durch die Einführung des ISOBUS[v] und herstellerübergreifender Bediengeräte weitgehend erledigt. Der ISOBUS definiert mechanische, elektrische und elektronische Anschlussmöglichkeiten zwischen Traktor und gezogener oder angebauter Maschine, die für den eigentlichen Arbeitsprozess eingesetzt wird. Mit ISOXML stehen umfangreiche Protokolle und Datenformate für den nahtlosen Austausch mit übergeordneten Farmmanagementsystemen (FMS) zur Verfügung.
Im Bereich Ernte und Transport (Phase 2) werden vor allem sogenannte selbstfahrende Maschinen, die nicht von einem Traktor gezogen werden, eingesetzt. Sie werden als herstellerspezifisches Gesamtsystem betrachtet, das weitgehend unabhängig von externen Einflüssen proprietär entwickelt und optimiert wird. Die in den Phasen 1 und 2 eingesetzte Agrartechnik zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus:
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Phase 1 (bis zur Ernte): |
Phase 2 (Ernte / Transport): |
Struktur |
Homogen (ISOBUS/ISOXML + herstellerüber-greifende Elektronik) |
Heterogen (herstellerspez. Mechanik und Elektronik) |
Treiber: |
Herstellerkonsortium organisiert im Competence Center ISOBUS |
Große Landmaschinenhersteller (John Deere, Claas etc.) |
Offenheit: |
halboffen |
geschlossen |
Entstehung |
Evolutionär |
Evolutionär (langsam, in Anlehnung an ISOBUS) |
Die großen Landmaschinenhersteller erweitern ihre Produkte und Systeme durch herstellereigene Managementsoftware (John Deere, JD-Link) oder gründen dafür eigene Unternehmen (Claas, 365farmnet). Dabei stehen Flottenmanagement und die Steuerung von Anbau- sowie Ernteprozessen im Vordergrund.
[i] Pressemitteilung des DFKI: Rendez-vous auf dem Acker: Vernetzte Landmaschinen stimmen sich bei der Erntearbeit ab http://www.dfki.de/web/presse/pressemitteilungen_intern/2013/rendez-vous-auf-dem-acker-vernetzte-landmaschinen-stimmen-sich-bei-der-erntearbeit-ab/
[ii] Scheuren, Stephan: Prozessoptimierte Planung für kooperative mobile Roboter, Dissertation an der Universität Osnabrück https://repositorium.uni-osnabrueck.de/handle/urn:nbn:de:gbv:700-2014070812619
[iii] Abschlussberichts des BMBF-Projektes iGreen http://www.igreen-projekt.de/iGreen/fileadmin/Download/iGreen_Schlussbericht_Verbund_final.pdf
[iv] Entscheidungsstrategien und Kommunikationsstrukturen für kooperierende mobile Arbeitsmaschinen in der Agrarwirtschaft http://www.komobar.de
[v] ISO 11783 standard – “Tractors and machinery for agriculture and forestry – Serial control and communications data network” http://www.iso.org